Weil eine Talkshow eine Unterhaltung beider Gesprächspartner auf gleicher Augenhöhe voraussetzt. Selbst dann, wenn es sich nicht um die landläufig bekannte Politik-Talkshow handelt, sondern um die nicht ganz so prototypische personenzentrierte Talkshow.
Was wir bei Markus Lanz vs Thomas Gottschalk sehen ist eher eine Talkshow nach Definition von Tenscher/ Schicha (2002)
„Talkshow am besten zu definieren als eine Gesprächssendung, in der einer oder mehrere Moderatoren sich mit einem oder mehreren Gästen mit oder ohne Studiopublikum über ein beliebiges Thema unterhalten.“
Etwas populistisch zusammengefasst spielt es demnach keine Rolle, mit wem oder worüber in einer Talkshow gesprochen wird, damit es eine Talkshow ist – und daran hält sich Markus Lanz auch ganz gut. Die Definition ist natürlich nicht ganz so absolut, denn auch die Definition impliziert, dass ein Thema und ein Mindestmaß an Konzept für das Gespräch vorgegeben ist. Und genau das unterscheidet jede Talkshow – und jede andere Medienform – vom Alltagsgespräch.
Besonders schön zu sehen an Lanz vs Gottschalk ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Das Sich-Inszenieren fürs Publikum. Ob Ecker (1977) das als Sekundärsituation bezeichnet – also die Rezeption des Gesprächs durch ein Publikum – oder ob Holly (1986) auf die inszenierte Rollenverteilung in Politiktalkshows hinweist: Es bleibt dabei, dass die TeilnehmerInnen solcher Medienveranstaltungen wissen, dass es nicht um Inhalte geht, sondern um Selbstdarstellung. Und das sollte auch die InterviewerInnen wissen.
Die wenigen harmlos-kritischen Fragen wischt er mit einem selbstironischen Witz weg wie eine Locke aus dem Gesicht und lächelt, dass die weißen Zähne nur so blitzen und der Schwiegermama das Herze schmilzt. Und das alles wie durch 40-jährge Medienerfahrung einstudiert. Die reine Fassade einer Medienperson zu zeigen, ist aber eben genau nicht zentraler Punkt eines Interviews zur Person.
PS: Ich wollte wirklich nicht auch noch Markus Lanz kritisieren (das ist wie McDonalds McDoof nennen). Aber Thomas Gottschalk hat mich angefleht, das hier zu schreiben.
Literatur:
- Barloewen, Constantin von/Brandenberg, Hans (Hg.): Talk Show. Unterhaltung im Fernsehen = Fernsehunterhaltung? München/Wien 1975.
- Ecker, Hans-Peter et al. (1977): Textform Interview. Düsseldorf: Pädagogischer Verlag Schwann
- Haller, Michael (2001³): Das Interview – Ein Handbuch für Journalisten. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft
- Holly, Werner et al. (1986): Politische Fernsehdiskussionen – zur medienspezifischen Inszenierung von Propaganda als Diskussion. Tübingen: Max Niemeyer Verlag
- Tenscher, Jens/Schicha, Christian (Hg.): Talk auf allen Kanälen. Akteure, Angebote und Nutzer von Fernsehgesprächssendungen. Wiesbaden 2002.